SCHAUSPIELERIN ERIKA PLUHARAbschied vom Theater und Geburtstagsfeiernach einer "Kinder der Sonne" Vorstellung am 28. Februar 1999Abschied von der „Burg“Ich weiß, dass unser Dr. Blasche, mein lieber Freund Gerhard, jetzt eine ganz wunderbare Redehalten würde, er würde Ihnen erzählen, wie viele Rollen genau und was alles ich in den vierzigJahren Burg gespielt habe, er selber hat mir bedauernd gesagt: „Erika, jetzt hab ich mich sooogut vorbereitet“.Aber er hat mich auch verstanden, als ich ihn gebeten habe, keine Rede zu halten. Daß niemandeine Rede halte. Nur ich selbst ein wenig rede. Sicher hätten mich die Worte anderer sehr geehrt- aber Ehrungen zu Lebzeiten erinnern mich immer an Nachrufe. Und man braucht mir ja nichtnachzurufen, ich stehe ja noch leibhaftig da. Also lassen Sie mich Ihnen versichern, dass dieserheutige Abschied vom Burgtheater für mich keinen Abschied von Lebensintensität bedeutet. Daßes kein wehmütiger Abschied ist, in dem Gefühl, man sähe einander nie wieder. Es ist nur derAbschied aus einer Struktur, die mein Leben jahrzehntelang bestimmt hat – und von der ich michjetzt befreie.Ich danke den Göttern, dass sie meinen kindlichen Wunsch erfüllt haben – damals nach demKrieg, als ich das zerstörte Burgtheater vor mir sah und mir dachte: „Dort möchte ich einmalSchauspielerin sein“. Es gab für mich reiche und erfüllende Zeiten hier, in denen das von mirDargestellte und von mir Erlebte sich geheimnisvoll berührten. Und meine seltsame Liebe zudiesem Theater wird wohl nie vergehen. Verändert hat sie sich, wie jede Liebe, die Teil deseigenen Lebens wurde. Und jeder Liebe muss man zeitweise dabei zusehen, wie sie sich verirrtund okkupieren lässt. Und Geduld dabei haben. Dieses Theater, und das Theater an sich, wirdsich wieder „darappeln“, glauben Sie mir. Es wird sich wahrhaft erneuern und dazu keinen„neuen Geist“ brauchen. Jeder, der daran nicht glauben kann, soll das Theater lieber bleibenlassen. Und von allen, die weiter leidenschaftlich am Theater arbeiten, wünschte ich mir – wennich einen Wunsch frei hätte - , die Zeit mit all ihren zeitgeistigen Deformierungen nicht nurwiderzuspiegeln, sondern sie kraft einer eigenen Vision zu beantworten. Neue Formen zu suchenund zu bejahen – aber den modischen, medienwirksamen Torheiten eine Absage zu erteilen.Modern im Sinne von „zeitlos“ zu werden. Keinen egomanischen, menschenverachtenden Guru zudulden, nur Könner und Wissende hoch zu achten. Sich – bei aller Abhängigkeit in diesem Beruf –gegen jede Form der Knechtschaft zu wehren. Aus sich selbst nie „Material“ werden zu lassen,immer ein denkender, fühlender, sich empörender Mensch zu bleiben.Ich danke allen, die mir die Jahre am Burgtheater durch die Kraft ihrer Persönlichkeit verschönthaben, sei es mit mir auf – oder hinter der Bühne. Ich freue mich über alle Gemeinsamkeiten, diees hier für mich gab. Und ich verstehe nach wie vor jede Angst, Unsicherheit und Verzweiflung,die kämpferische Einhelligkeit am Theater eben fast unmöglich macht. Und nicht nur am Theater,wie man weiß. Aber bleiben wir Einzelkämpfer, und das an jedem Tag, der uns mit ein wenig Mutsegnet. Ich wünsche diesem Theater das Beste. Lebt wohl.Abschied von der Burg in PDFKammerschauspielerin “Dekret-Überreichung” in PDFNotizen zum Burgtheater in PDF